Gemeinschaftsflächen

Menschen, die nachbarschaftlich zusammen wohnen und leben, haben in der Regel Gemeinschaftsflächen - Bereiche, die allen gehören oder die von allen genutzt werden. Das ist ja schon beim normalen Mietshaus so, bei dem das Treppenhaus oder der Waschkeller von allen genutzt werden. Was ganz zwangsläufig dazu führt, dass es Spielregeln gibt, wie mit diesen Bereichen umgegangen wird.

Und schon sind wir bei einer "Hausordnung" und der Frage, ob ein Wohnprojekt eine solche Hausordnung benötigt oder wie sonst geklärt wird, was auf den Gemeinschaftsflächen erlaubt ist und was nicht. Oder von wem sie wie oft gepflegt, gereinigt, vom Unkraut befreit usw. werden. Da gibt es nun eine Vielzahl an Modellen, wie man so etwas regelt.

Der Grundgedanke ist immer der gleiche: Es soll fair und gerecht zu gehen. Und da scheint die einfachste Variante diejenige zu sein, dass jeder mal einen Dienst übernimmt. Wobei jedem klar ist, dass das alles andere als gerecht ist. Das fängt schon mit der Frage an, ob mit "jeder" die einzelnen Wohneinheiten gemeint sind oder jeder Bewohner. Wie auch immer diese Diskussion ausgeht - gerecht ist es nie. Der eine ist alt und nicht mehr so fit, der nächste arbeitet den ganzen Tag und muss in seiner wenigen Freizeit nun die Treppe schrubben. Der dritte hat Zeit genug, aber hasst jede Art von Reinigungsarbeit. Deshalb plädiert er dafür, dass man jemanden engagiert und die Kosten umlegt. Auch nicht fair, die einen haben genug Geld, die anderen müssen es sich vom Munde absparen.

Einige Projekte haben es mit einer Art Punktesystem versucht. Jede Tätigkeit wird bewertet, auf diese Art und Weise kann jeder die Aufgaben übernehmen, die ihm liegen und für die er Zeit hat, damit sammelt er entsprechend Punkte und erfüllt so sein Soll. Nur: Was ist eine Stunde Buchhaltung wert gegenüber einer Stunde Rasen mähen? Ist es egal, ob man eine Stunde Kinder hütet oder eine Stunde Schnee schippt? Und was macht derjenige, der beruflich so eingespannt ist, dass er nie auf seine Punktzahl kommt: Kann er sich "freikaufen"? Schwierig - mal ganz abgesehen von dem Verwaltungsaufwand, den dieses System erfordert.

In unserem Projekt haben wir uns dafür entschieden, keine feste Regelung einzuführen - zumindest bis jetzt nicht. Die Grundannahme ist, dass sich jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten engagieren will. Dazu gehört Vertrauen, das als Vorschuss gegeben wird. Für unterschiedliche Tätigkeiten haben wir verschiedene Abläufe, die mehr oder weniger zufällig entstanden sind. Das Wässern des Rasens übernahmen die direkten Anwohner und sprachen sich untereinander ab. Beim Müll gibt es eine Liste, in die man sich monatlich eintragen kann. Den Rasen mähen Mitglieder, die Spaß daran haben. Für das Treppenhaus gibt es auch einen Plan, in den man sich zu zweit eintragen kann, ebenso für den Gemeinschaftsraum.

Ob es funktioniert? Mal so, mal so, und vermutlich wird es noch so manche Änderung der Prozesse geben. Soll heißen: Was für die eine Gruppe passt, mag für eine andere gar nicht gehen. Letztlich, und das wäre die Empfehlung, sollte man einfach experimentieren, unterschiedliche Vorgehensweisen ausprobieren und schauen, was gut klappt und wo es hakt. Und dann die Probleme offen ansprechen und neue Lösungen finden - wenn möglich, ohne sich gegenseitig Vorwürfe zu machen.