Es ist doch seltsam: Wenn wir uns nach einem neuen Heim umschauen, dann achten wir auf das Bauwerk, die Umgebung, die Verkehrsanbindung, die Infrastruktur - aber wer schaut sich die Menschen genauer an, denen man in Zukunft täglich über den Weg laufen wird?
Aber selbst wenn wir das wollten: Wie kommen wir an Informationen über Menschen? Wie können wir herausfinden, ob sie mit uns auf einer ähnlichen Wellenlänge liegen, ob die Chemie stimmt? Es mag heute Möglichkeiten geben, im Internet Menschen zu "googeln", aber allzu viel werden uns die Ergebnisse nicht helfen, eher verunsichern.
Letztlich hilft nur der persönliche Kontakt, das Gespräch, der Austausch und vor allem: Die gemeinsame Arbeit an einer Aufgabe. Diese Erfahrung machen wir immer wieder: Erst wenn man sich mit anderen darüber auseinandersetzt, wohin der Weg führen soll; erst wenn man einmal miteinander gestritten und Lösungen gefunden hat; erst wenn man den anderen auch mal erlebt hat, wenn es um unterschiedliche Prioritäten und Werte ging, kennt man seine "roten Knöpfe", was ihn antreibt, wann er auf die Palme geht, was ihm besonders wichtig ist und was ihn eher kalt lässt.
Wenn Sie ein nachbarschaftliches Wohnprojekt starten, müssen Sie Gelegenheiten schaffen, damit genau das passiert. Deshalb laden wir Interessenten und Neulinge immer ein, an allen Besprechungen und Treffen dabei zu sein, uns dabei nicht nur kennen zu lernen, sondern auch mit uns zu diskutieren und sich einzubringen. Und das nicht nur einmal, sondern möglichst oft, solange das Interesse an dem Projekt vorhanden ist.
Das setzt natürlich voraus, dass Sie von vornherein darauf setzen, möglichst immer viele Betroffene in alle Dinge einzubinden. Oft erleben wir, dass in Organisationen mit Informationen und Entscheidungen eher defensiv umgegangen wird und viele sich schwer tun, Diskussionen offen zu führen. Dann sogar noch "Fremde" zuzulassen ist dann erst recht gewöhnungsbedürftig. Aber wer andere ernsthaft kennen lernen möchte, der sollte hier über seinen Schatten springen.
Hier schreibt Johannes Thönneßen über das nachbarschaftliche Wohnen, seine Erfahrungen in einem generationenübergreifenden Wohnprojekt und sein Angebot, andere Projektgruppen zu unterstützen und zu begleiten.
