Vom Problem zur Lösung

Kürzlich arbeitete ich mit einer großen Gruppe, die noch nicht lange in ihrem wunderschönen Haus lebte und erste Erfahrungen mit dem gemeinschaftlichen Wohnen hinter sich hatte. Wie nicht anders zu erwarten, hatten sich inzwischen so einige Themen angesammelt, die für Verunsicherung, zum Teil Unmut, aber auch Ärger sorgten. Wie das so ist, wenn die Idealvorstellung vom Wohnen im Projekt auf den Alltag trifft.

Die Gruppe hatte etliche Themen gesammelt, die an diesem Wochenende bearbeitet werden sollten. Wir begannen mit einem Problem, das besonders dazu angetan war, stärkere Emotionen auszulösen. Und bei dem ebenso klar war, dass es nicht die eine und ultimative Lösung geben konnte. Wir wählten als Format die Fishbowl. Dabei diskutiert eine kleinere Gruppe (hier saßen die Mitglieder, die von dem Problem besonders betroffen waren) im Innenkreis, während der Rest der Teilnehmer in einem größeren Stuhlkreis außen herum sitzt und zuhört.

Die Struktur war wie folgt: Zuerst sammelten wir die unterschiedlichen Sichtweisen auf das Problem, die Frage lautete: Worum geht es genau? Als Moderator sorgte ich dafür, dass alle Äußerungen festgehalten wurden, ohne große Sortierung, einfach herunter geschrieben und per Beamer für alle sichtbar auf der großen Leinwand. Ich halte diesen Schritt für wichtig, auch wenn er relativ viel Raum einnahm und möglicherweise die Gefahr bestand, zu sehr der Problemsicht zu verfallen. Nachdem alle Aspekte des Problems auf dem Tisch lagen bzw. auf der Leinwand zu sehen waren, bekamen die Teilnehmer im Außenkreis die Möglichkeit, weitere Aspekte zu ergänzen. Wie so oft wiederholten sich dabei natürlich einige Ansichten, hier halt hin und wieder die Frage, ob sich das Gesagte mit dem deckte, was bereits zuvor festgehalten wurde.

In Schritt 2 wurde der Blick auf die Zukunft gelenkt - wobei es immer noch nicht um Lösungen ging. Die Frage lautete: "Was wünscht Ihr euch stattdessen?" Die Sätze begannen alle mit: "Ich wünsche mir, dass..." Auch dieser Schritt erwies sich als extrem wertvoll. Weil er deutlich machte, welche Bedürfnisse hinter den Klagen und Sorgen steckten. Und auch diese Sätze wurden alle notiert. Hin und wieder kamen Einwände gegen einzelne Wünsche auf, nach dem Motto: "Das ist doch unrealistisch!" Dann half der Hinweis, dass wir uns gerade ich der Runde "Wünsch dir was!" befanden und bekanntlich Wünsche nicht immer erfüllt werden (können).

Dieser zweite Teil ging deutlich schneller und veränderte schon die Atmosphäre. Es folgte Schritt 3: Nun ging es um konkrete Lösungsvorschläge. Und siehe da: Etliche lagen quasi schon bereit, sie steckten in der Kombination aus Problembenennung und Wunsch. Im Nu waren eine ganze Reihe von praktischen Vorschlägen und einfachen Regeln formuliert, auf die sich die Teilnehmer im Innen- und anschließend im Außenkreis einigten. Man spürte geradezu die Erleichterung, so wie man zuvor die Ungeduld spüren konnte, dass man doch endlich zu konkreten Lösungen kommen sollte.

Es folgte Schritt 4 - nämlich die Frage, ob jemand im Raum gegen eine der vorgeschlagenen Maßnahmen noch schwerwiegende Bedenken hatte. Hier galt es auszuhalten, dass es tatsächlich noch Skepsis gegenüber dem einen oder anderen Punkt gab und wir noch einmal überlegen mussten, was helfen konnte, die Bedenken aufzulösen.

Am zweiten Tag bearbeitete die Gruppe auch die weiteren Themen, dazu konnte sich jeder für das Thema melden, das ihm besonders am Herzen lag. Dabei gingen die Gruppen nach dem oben beschriebenen Ablauf vor, und sogar für mich überraschend schafften es (fast) alle Gruppen, die vier Schritte zu bearbeiten und Lösungen zu finden. Klar, dass die eine oder andere Idee im Nachgang zu diesem Wochenende noch weiter ausgearbeitet werden muss. Aber wir sind sehr weit gekommen, und es hat sich bezahlt gemacht, mit einem klar strukturierten Ablauf einen Rahmen vorzugeben, der, so vermute ich, der Gruppe auch in zukünftigen Diskussionen sehr nützlich sein wird.